Erste Schritte in der "anderen Welt"
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Als Tourist heutzutage nach Japan zu reisen, ist relativ problemlos. Gültiger Reisepaß und ggf. ein Packen Traveller's Cheques sind dafür zunächst mal ausreichend. Bis zu 90 Tagen kann man sich in Japan aufhalten, ohne sich irgendwo melden zu müssen. Will man länger bleiben, kann man für weitere 90 Tage eine Verlängerung der Aufenthaltsgenehmigung bei jedem Einwohneramt beantragen. Bei mehr als 180 Tagen ist allerdings Schluß. Für längere Aufenthalte benötigt man ein Visum. Schummeln ist nicht, weil im Paß bei der Einreise natürlich das Datum festgehalten wird. Am einfachsten ist es da, wenn man in Japan einen Kontakt hat (Arbeitgeber, oder wie in meinem Fall Hochschule), welcher als Bürge auftritt. Man läßt sich eine Bürgschaft zuschicken und spaziert damit zum japanischen Konsulat. Das Visum ist dann bei Bedarf innerhalb eines Tages ausgestellt. Somit kommt man auch problemlos für längere Zeit nach Japan. Da ich insgesamt ca. 7 Monate hier bleiben werde, habe ich das so gemachent und darf nun maximal ein Jahr hier bleiben:-) Weitere Infos zu den Einreisebedingungen gibt es auf www.botschaft-japan.de. Ist man dann in Japan, gibt es bei langen Reisen natürlich auch ein paar organisatorische Dinge zu erledigen. Darüber möchte ich jetzt mal ein bissel schreiben und auch darüber, wo ich wohne, arbeite und sonst so allgemein zurechtkomme. Da ich diesmal einige Bilder mehr als im letzten Bericht habe, gibt es hier nur kleine Bildchen. Wenn ihr da drauf klickt, gelangt ihr auf eine Galerieseite mit den großen Bildversionen. Ist besser so, sonst würde diese Seite ne Woche zum laden brauchen:-)

Wo war ich nochmal ausgestiegen im letzten Bericht? Ach ja, am Bahnhof von Sendai. Eigentlich wäre ich am liebsten direkt wieder rückwärts in den Zug gefallen. Der war nämlich klimatisiert. Am Bahnhof waren es mal locker an die 30 Grad. Das wäre ja noch nicht so schlimm gewesen, wenn ich nicht zum einen nen Anzug angehabt hätte und zum anderen die Luftfeuchtigkeit nicht so extrem hoch gewesen wäre. Wie ich erfahren habe, ist dieses Jahr hier der heißeste Sommer der Nachkriegsgeschichte. Ist doch wirklich gutes Timing, gerade weil ich Hitze ja so gut vertrage. Ich habe zudem gehört, das nach meiner Abreise auch in Deutschland der Sommer ausberochen ist. Insofern darf ich mich ja nichtmal beschweren:-) Die ersten Tage war es echt schlimm. Selbst wenn man nur im Schatten rumstand, fing man zu schwitzen an. Die letzten Tage hat es sich etwas gebessert. So 25 Grad und nicht mehr ganz so feucht. Reicht aber immer noch. Am Bahnhof hat mich ein Student von Prof.Sato abgeholt und wir haben in einem der "Rest Rooms" am Bahnsteig gewartet. Diese kleinen Räume sind auch klimatisiert und bieten Sitzgelegenheiten. Findet man aber nicht überall. Eher an Hauptbahnhöfen und Schnellzuggleisen. Nach ein paar Minuten kam dann auch Prof.Sato und hat uns mitgenommen. Zunächst sind wir zum Labor gefahren und ich habe die Studenten und Mitarbeiter kennengelernt. Die Tohoku-Universität besteht aus mehreren Teilgebieten. Wenn ihr so wollt, hat jeder Stadtteil seinen eigenen Campus. Das CNEAS ist auf dem Kawauchi-Campus mitten in den Bergen am Stadtrand. Hier sind überall Bäume drumrum und es gibt mehrere Forschungseinrichtungen und botanische Gärten. Ich hatte bisher noch nicht die Zeit, mir das alles mal anzuschaun. Aber ich habe ein paar Bilder von "unseren" Gebäuden gemacht. Wenn ihr auf die Vorschaubilder klickt, gelangt ihr zu einer kleinen Galerie mit den Aufnahmen.....

Eingang Laborgebäude Laborgebäude von Seite Werkstadt und Experimentalgebäude
Büro- und Arbeitsraum Büro- und Arbeitsraum

Galerie: Laborgebäude


Als erstes haben wir dann ein paar Studenten eingepackt und sind zum Wohnheim gefahren. "They will teach you, how to survive in Sendai.":-) Für die 5km bis zum "International Students House I.S.I." haben wir glaube ich über eine Stunde gebraucht. Naja, Freitag nachmittag, mehr muß ich ja fast nicht sagen. Vielleicht noch so viel: der Weg zur Wohnung geht entlang einer großen Straßemitten durch die Stadt. Alle paar Meter kreuzt die natürlich eine andere Straße. Daher kommt eine Ampel nach der anderen. Auto ist in dem Fall das denkbar ungünstigste Transportmittel. Als wir angekommen waren, haben wir uns im Büro des Wohnheims gemeldet und gleich mal die Formalitäten erledigt. Auch hier trägt man neben Namen, Nationalität usw. wieder seinen Bürgen mit ein. Ist vor allem für den Fall gedacht, das mal was passiert. Dann wird als erstes diese Kontaktperson benachrichtigt. Zudem gibt man jemanden von zuhause an. Ist also alles recht gut organisiert. Es hat sich außerdem herausgestellt, daß die Miete neuerdings immer per Bankeinzug gezahlt werden muß. Dazu braucht man natürlich ein Konto in Japan. Aber dazu später mehr. Das Büro ist übrigens jeden Tag außer an Feiertagen von 8:00 bis 21:00 Uhr besetzt. Es sind dort immer (mehr oder weniger) englisch sprechende Leute anzutreffen, die einem bei Problemen helfen können. Ist sehr praktisch, vor allem wenn man sich mal aus seinem Zimmer ausschließt(was ich natürlich schon geschafft habe;-). Wir haben dann mein Gepäck auf's Zimmer gebracht und Prof.Sato ist erstmal zum Labor zurück gefahren. Die anderen sind mit mir dort geblieben und haben mir alles gezeigt. Z.B. wie man die Klimaanlage einstellt (ja, auch meine kleine Studentenbude ist klimatisiert. Wie gesagt, daß braucht man hier auch. Ist allerdings nicht bei allen Wohnheimen/Wohnungen der Fall.), wo Küche, Bad, Toilette und Waschraum sind usw.

Das Haus an sich ist schon recht alt und wirkt abgenutzt. Die nächste Gallerie weiter unten zeigt das u.a. und die Straße, in der es sich befindet. Allgemein würde ich die Anmutung mal auf eine Mischung aus Bundeswehr und Jugendherberge abschätzen. Also durchaus "rustikal". Die Zimmer sind möbliert, aber sowohl die Möbel als auch die restlichen Einrichtungen wirken alt und abgenutzt. Nicht das hier der falsche Eindruck entsteht. Für meine Zwecke ist das völlig ausreichend und man kann hier schon ordentlich leben. Es ist auch sauber. Z.B. wird der Fußboden im Flur und die gemeinsam genutzten Einrichtungen täglich(!) morgens gereinigt (außer Sonntag und Feiertagen). Genauso werden die Sammelbehälter für Müll täglich geleert. Für einige Bereiche - vor allem die Spüle und Schränke usw. in der Küche - sind halt die Studenten selbst verantwortlich. Wieso wundert es mich nicht, daß es hier z.T. ganz schön dreckig zugeht? Die Küche sieht nicht wirklich appetitlich aus, man kommt aber zurecht..... Wir haben im Waschraum eine ganz einfache Waschmaschine (kostet etwa 1,5Eur/Waschgang), dafür steht aber kostenlos Waschmittel rum, ebenso wie das Spülmittel in der Küche. Mikrowelle, nen Gasherd, Reiskocher usw. kann man alles benutzen. Im Kleiderschrank hängt eine zusammenklappbare Wäschespinne, die man ggf. auf das Dach des Hauses hängen kann, um die Wäsche zu trocknen. Es gibt auch nen Trockner, aber der kostet was und ich weiß nicht, wie man den einstellt. Dafür haben die Zimmer weder Fernsher (brauch ich wohl eh nicht:-) noch Kühlschrank. Es gibt zwar einen gemeinsamen Kühlschrank in der Küche, aber der ist immer ziemlich überfüllt, wie man sich denken kann.

Insgesamt kann man sagen, daß abgesehen von den Abnutzungserscheinungen und der mangelnden Eigenverantwortung der Studenten beim Saubermachen der gemeinsamen Einrichtungen recht viel Service geboten wird. Die Kosten halten sich in Grenzen. Ich zahle etwa 150Eur/Monat an Miete. Dazu kommen noch die Kosten für den Stromverbrauch, Wasser usw. ist schon mit drin. Für das Bettzeug zahle ich etwa 25Eur für 3 Monate. Das Wohnheim hat noch ein Anhangsgebäude, in dem Paare zusammen wohnen können. Die Miete für so ein Familienzimmer ist mit 250Eur auch noch moderat, allerding muß man für Wasser, Strom, Gas usw. extra zahlen. Ich hatte ja schon erwähnt, daß das Auto nicht die beste Lösung ist, um zum Campus zu kommen. Eine Kombination aus Bahn und Bus geht am einfachsten, der Bahnhof ist 5min. vom Wohnheim weg und die Busse halten direkt am Campus. Problem ist nur, man zahlt für hin und zurück insgesamt 720 Yen (sind etwa 5,5Eur) und außerdem muß man immer ein paar Minuten am Bahnhof und Busbahnhof rumstehen. Je nach Timing braucht man auf diesem Wege auch so zwischen 30 und 70 Minuten für eine Strecke. Die Leute vom Wohnheim haben sich dazu auch Gedanken gemacht. Zusammen mit der Stadt werden gebrauchte Fahrräder recycled und aufbereitet. Diese kann man dann im Büro für wenig Geld kaufen. Das haben sie mir auch gleich angeboten. Da ich jedoch noch kein eigenes Schloß für das Fahrrad hatte, habe ich das an dem Tag erstmal aufgeschoben. Mittlerweile habe ich ein solches Fahrrad gekauft. Hat mich 4000Yen gekostet. Das sind gerade mal 31Eur! Ein Bild ist in der folgenden Gallerie mit drinn. Es ist zwar nicht das modernste, aber es hat ne 3-Gang-Schaltung, ist frisch lackiert, hat neue Reifen und man bekommt sogar noch 2 Versicherungen mit dazu. Eine Versicherung ist so eine Art Unfallabsicherung, die andere ist eine Diebstahlversicherung. Sind zwar nur recht kleine Beträge mit versichert, aber immerhin muß man sich nicht drum kümmern und auch nix extra zahlen. Alles in allem ein sehr gutes Angebot und man hat den Preis in nur einer Woche wieder eingefahren (im Vergleich zu Bahn/Zug). Wenn mal schlechtes Wetter ist (oder im Winter) kann man es ja immer noch stehen lassen.....

Beim ersten mal hab ich über eine Stunde zum Labor bebraucht. Mittlerweile kenne ich den Weg und es dauert meist so um die 40min. Ich fahre praktisch den gleichen Weg, wie man mit dem Auto fahren würde. Hier in der Stadt ist es die Regel, daß Fußgänger und Radfahrer immer gemeinsam den Gehweg nutzen. Die Richtung und Straßenseite ist beliebig. Im Stadtkern ist das auch ohne Probleme möglich, die Wege sind ewig breit (3-4m). In der Nähe vom Wohnheim muß man da schon eher aufpassen, teilweise paßt da grad mal ein Radfahrer drauf. Aber so viel Gegenverkehr und Fußgänger laufen hier nicht rum, es geht also. Die Strecke ist auch der Grund, wieso es so lange dauert. Neben der notwendigen Vorsicht mit Fußgängern usw. muß man nat. auch mit den Fahrrad an den Straßenkreuzungen warten. Meist gibt es Zebrastreifen mit Fußgängeramplen, die auch für Radfahrer gelten. Allerdings nimmt man das hier nicht so genau;-) Besonders bei kleinen Straßen wird die Ampel schon mal ignoriert, wenn kein Auto kommt. An den großen Kreuzungen muß man aber notgedrungen warten. Die folgende Galerie enthält die Photos vom Haus, der Straße, meinem Zimmer, dem Flur und dem Fahrrad. Das Zimmer ist recht klein, wie ihr seht, dafür ist der Kleiderschrank um so größer *gg* Man beachte vor allem das wichtige Gerät rechts oben über dem Fenster - die Klimaanlage;-) Viele der Leute, die hier länger wohnen, haben sich nen eigenen Kühlschrank usw. zugelegt. Die stehen dann meist auf dem Flur. Für eine Person reicht der Platz im Zimmer allemal. Zur Not könnte ein Besucher daneben mit Luftmatraze auch noch ins Zimmer passen. Dann ist aber Schluß (es sei denn, man stellt ihn in der Schrank:-). Normalerweise ist es auch nicht erlaubt, das ein Gast mit im Zimmer übernachtet. Das Bett ist recht groß, aber die Matraze ist verdammt hart. Achja, Besuch vom anderen Geschlecht (besonders über Nacht) ist nicht erwünscht.

Das Wohnheim (Eingang) Blick die Straße runter Mein neues Fahrrad
Das Zimmer Der riesige Kleiderschrank Unser Flur (abends)

Galerie: Wohnheim


Ok, genug vom Wohnheim. Wir sind dann zum Bahnhof spatziert und meine Kollegen haben mir gezeigt, wie ich ein Ticket für den innerstädt. Verkehr ziehen kann und welche Gleise und Züge ich nehmen kann. Ist eigentlich ganz simpel, denn es gibt effektiv nur 2 Bahnsteige an dem Bahnhof, und Richtung Innenstadt (Hauptbahnhof) geht es immer vom selbem Bahnsteig los. Die Züge fahren recht regelmäßig im Schnitt alle 20min. Letzte Fahrt ist so gegen 23:30 Uhr. Auf dem Weg habe ich noch ein paar Photos der Gegend geschossen. Es ist eine recht typische Wohngegegend. Die meisten Häuser wirken für europäische Verhältnisse sehr klein und die Straßen eng. Man findet nur selten Häuser mit mehr als 2 Stockwerken (gibt es eher in der Innenstadt), dafür stehen sie aber sehr dicht gedrängt und besitzen (wenn überhaupt) nur einen winzigen Garten hinter oder neben dem Haus. Entlang der Hauptstraße befinden sich eine Menge kleinerer und mittlerer Läden für alles mögliche. Besonders interessant sind die sogen. "Convenient Stores" (Bequemes Geschäft). Es gibt z.B. einen direkt am Bahnhof. Einer der Studenten erklärte mir, das die 24/7 offen haben. Das ist verdammt praktisch. Man kriegt in den kleinen Märkten vor allem Lebensmittel und Dinge des täglichen Bedarfs. Es ist dort ein bissel teurer als in großen Supermärkten, aber man findet überall so einen Store und die sind halt immer offen. Zum Thema Einkaufen wird es in den nächsten Wochen aber einen gesonderten Bericht geben. Da ist viel Interessantes zu erzählen:-)

Zurück zur Gegend.....zwischen den Wohnhäusern ist hier irgendwo in der Nähe auch ein Krankenhaus, eine kleine Polizeistadtion, Taxistand, Einwohnerbehörde usw. Allgemein wirkt die Gegend durch die meist gedeckte Farbgebung der Häuser etwas grau und trist. Abseits der Hauptstraßen fehlt ein bissel Farbe (abgesehen von den Bäumen und Büschen zw. den Häusern)). Das ist mir auch im Zusammenhang mit den Autos aufgefallen: die meisten Fahrzeuge sind entweder weiß, beige, silberfarbig oder dunkelblau/schwarz. Wobei Weißtöne und Silbertöne stark überwiegen. Man findet so gut wie kein helles Blau oder Grün, Rot, Orange oder Gelb. In den fast 2 Wochen, die ich nun hier bin, habe ich insgesamt 2 rote Fahrzeuge gesehen (eins davon war ein Ferrari). Das ganze steht völlig im Gegensatz zur Aufmachung der Innenstadt. Dazu komme ich aber weiter unten noch. Hier erstmal die Galerie mit den restlichen Bildern der Wohnheimgegend. Ich habe auch noch ein paar Bilder vom Bahnhof gemacht. Wie man sieht, gibt es auch an diesem kleinen Bahnhof die Durchgangsautomaten zur Ticketkontrolle. Es gibt natürlich auch Ticketautomaten, Toiletten und in der Bahnhofshalle ist ein Wartebereich. Rest Rooms an den Bahnsteigen haben sie hier nicht. Noch eine Besonderheit finde ich erwähnenswert. Auf dem einen Bild vom Bahnhof ist auf der linken Seite ein Automat zu erkennen. Dieser bietet gekühlte Getränke an. Die Preise sind eigentlich recht moderat (ca. 70Cent für 0,2-0,33l Getränke und etwa 1,1Eur für 0,5l). Diese Automaten findet man hier fast überall. Auf Bahnhöfen, an Straßenecken, vor Geschäften oder halt einfach mal mitten in der Wohngegend vor einem Haus. Bei dem Wetter im Sommer ist das ungemein praktisch. Gerade wenn man viel zu Fuß unterwegs ist, kann man so schnell mal seinen Durst stillen. Die Automaten sind mal mehr, mal weniger groß und das Angebot reicht von Kaffee mit Milch über verschiedene Teesorten bis hin zu Cola, Limonade und manchmal ISO-Drinks. Einen größeren Automaten unten an der Straßenecke hab ich mal aufgenommen. Neben Getränken findet man z.T. auch Zigarettenautomaten. Ich habe bisher den Eindruck, daß im Gegensatz zu uns nur sehr selten öffentlich geraucht wird. Die wenigsten aus unserem Labor sind überhaupt Raucher und man findet nur relativ wenige Kippen auf der Straße.

Ein paar Wohnhäuser Eine Straße in der Wohngegend Entlang der Hauptstraße zur Innenstadt
Durchgang am Bahnhof Higashi Sendai Am Bahnhof Higashi Sendai Großer Getränkeautomat

Galerie: Eindrücke aus der Gegend "Higashi Sendai"


Verlassen wir mal Higashi Sendai und kehren ins Stadtzentrum zurück. Am Hauptbahnhof haben wir uns dann einen kleine Fahrplan besorgt, damit ich am Abend wieder zurückfinde. Es war ja bereits später Freitag nachmittag und am Samstag und Sonntag mußte ich ja alleine zurechtkommen. Da der Plan in japanisch geschrieben ist, habe ich mir erklären lassen, welche Seiten für mich relevant sind und wann ich wo nachsehen muß. Der Hauptbahnhof ist ziemlich groß und es gibt dort eine Menge von verschiedenen Geschäften und Kiosks. Das lädt schon mal zum Stöbern ein, dafür hatten wir aber erstmal keine Zeit. Weiter gings zum Busbahnhof, welcher direkt vor Sendai Station zu finden ist. Man kann sich hier natürlich auch ein Taxi nehmen. Meine Begleiter haben mir die richtige Buslinie gezeigt, welche zum Kawauchi Campus fährt (Nummer 9) und welche der Busse auf dem Plan an der richtigen Stelle halten. Allgemein gibt es in der Stadt nur sehr wenige Zuglinien und ebenfalls nur wenige U-Bahnen. Die meisten Ecken erreicht man nur mit Bus oder Taxi direkt.

Das mit dem Busfahren funktioniert so. Man steigt in der Mitte des Busses ein. Dort ist ein Ticketautomat. Entweder man hat eine "Prepaid"-Buskarte ("Commuter Pass") - in dem Fall wird diese einfach reingesteckt - oder man will bar zahlen. Dazu zieht man einen Zettel, auf dem nur eine Nummer steht. An der vorderen Scheibe des Busses ist eine Anzeigetafel, welche die Nummern und den zugehörigen Zahlungsbetrag ständig aktuell angezeigt. Je länger man mitfährt, desto höher wird der Betrag (natürlich). Gezahlt wird beim Verlassen des Busses. Dazu geht man beim Fahrer vorbei (Ausstieg ist immer vorne). Entweder man hat eine Karte, welche dort wieder registriert wird und von der der Betrag abgebucht wird, oder man wirft den Zettel zusammen mit dem Geld in den Automaten neben dem Fahrer. Es gilt die Regel, daß man passend zahlen muß. Der Fahrer kann kein Wechselgeld rausgeben. Damit das funktioniert, gibt es neben dem Fahrer einen Wechselautomaten. Dieser wechselt große Münzen in kleine. Das sollte man aber schon während der Fahrt machen, um das Aussteigen nicht unnütz zu verzögern. Allgemein sind die Busse und auch Züge zu bestimmten Zeiten (Feierabend usw.) sehr voll. Es drängelt aber niemand (zumindest habe sowas noch nie gesehen). Die Leute steigen in Ruhe ein und aus. Ist schon manchmal erstaunlich, wie viele Leute da noch so in einen Zug passen, obwohl du denkst, das Abteil ist voll;-) Es ist wie in den Fußgängerzonen in der Stadt: oft große Hektik aber trotzdem recht gelassene Leute. Naja, und wie schon mal erwähnt: das warten auf dem Zug und im Zug ist die Perfekte Gelegenheit, was auch immer am Handy rumzufummeln:-)

Wir sind also wieder im Labor angekommen und haben das Vorgehen für die nächsten Tage besprochen. Mir fehlte ja noch eine ganze Menge: Schlüssel, Stempel (erklär ich später), Konto, Krankenversicherung, Einwohnerbehörde usw. Da das Wochenende vor der Tür stand, ist das ganze auf die kommende Woche verschoben worden. Mit meinem bisherigen Wissen konnte ich ja zumindest hin und her kommen und verhungern mußte ich auch nicht (in den Convenient Stores wird zwar kein Englisch geredet, aber Sachen in den Korb und dann die Zahl an der Kasse ablesen geht auch ohne große Worte....). Ich bin dann erstmal alleine zurück in die Wohnung. Das hat problemlos geklappt. Ich habe meine Koffer ausgepackt und mich ein bissel eingerichtet. So gegen 22:30 Uhr bin ich dann Richtung Store getrottet, um mir was zu essen zu kaufen. Wie gesagt, billig ist es da nicht gerade. Ich hab mir außerdem noch ein bissel Shampoo mitgenommen. Habe dabei etwas getrödelt, da ich mir das Geschäft näher angesehen habe. Nach dem Abendessen bin ich erstmal ins Bett gefallen. Ich war ja seit einiger Zeit ununterbrochen auf den Beinen. Den Samstag habe ich fast komplett verschlafen. War anscheinend also dringend notwendig. Danach bin ich erstmal zum Labor gereist um meinen Rechner ans Netz zu stöpseln und Kontakt mit dem Rest der Welt aufzunehmen. Zum Glück war einer der Studenten da, sonst wär ich ja nicht reingekommen. Es kommt durchaus öfters vor, daß sich die Leute hier am Samstag und manchmal auch Sonntag im Labor rumtreiben. Nebenbei habe ich versucht, zu hause anzurufen. Ich hatte ja schon erwähnt, daß das mit dem Telefonieren ins Ausland mit öffentlichen Telefonen hier nicht so einfach ist. Ich habe es aber dann doch noch geschafft. Ins Ausland gelangt man über geeignete Telefone der Gesellschaft KDDI. Die Vorwahl hat sich aber seit kurzem geändert:

001 + 010 + [Ländercode] + [Regionalcode ohne Null> + [Rufnummer]
....in meinem Fall also 001 010 49 36848 [+ unsere Telefonnummer]


Früher hätte die Vorwahl 001+Ländercode genügt. Naja, wenn man das so versucht zu wählen, kommt nach ner Weile eine nette Stimme, die einem die Neuerung erklärt. Man muß nur ein bissi Geduld haben. Denn zuerst wird auf Japanisch erklärt, dann folgt die Englische Version. Die Ansage kostet aber nix, ist also nicht weiter schlimm. Nach meinem Abstecher ins Internet bin ich ein bissel durch die Innenstadt gelaufen und habe mich etwas umgeschaut. Ich hab mal ein paar Aufnahmen entlang der Straßen und am Bahnhof gemacht. Die Innenstadt steht ganz im Kontrast zum schlichten Erscheinungsbild der Gegend bei meinem Wohnheim. Die Straßen sind annährend gitterförmig angelegt und neben den mehrspurigen Hauptstraßen gibt es kleinere Gassen zur Queerverbindung. Das man sich hier in einem Geschäftsviertel befindet merkt man alleine schon daran, das es hier fast nur hochstöckige Häuser gibt. Deutlichstes Zeichen sind aber die ewig vielen sehr bunten Anzeigetafeln, Videoschirme und Werbeschilder. Besonders Krass fällt dies in der Dunkelheit auf. Wo man auch hinschaut leuchtet und/oder blinkt irgendwas. In den unteren Etagen der Hochhäuser sind meist Geschäfte, welche im inneren z.T. mehrere Etagen besitzen. Vom Elektronikladen über das Nudel-, Reis- oder Sushirestaurant bis hin zu Drogerie und Schuhgeschäft ist alles vertreten. Aber wie gesagt, zum Thema Einkaufen kommt irgendwann ein gesonderter Bericht. Schaut euch die Bilder einfach an und laßt sie auf euch wirken.

Eindrücke aus der Innenstadt (1) Eindrücke aus der Innenstadt (2) Eindrücke aus der Innenstadt (3)
Viele Taxis warten am Hauptbahnhof.... Innenstadt bei Nacht (1) Innenstadt bei Nacht (2)
Innenstadt bei Nacht (3) Blick auf Sendai Station bei Nacht

Galerie: Innenstadt und Hauptbahnhof "Sendai Station"


Neulich hatte ich dazu auch ein interessantes Gespräch mit einem der Forscher aus unserem Labor. Er hat mir erzählt, daß nach dem 2.Weltkrieg und der Niederlage Japans die Amerikaner als Sieger sozusagen als was besseres angesehen wurden. Viele amerikanische Eigenheiten, Produkte und Verhaltensweisen sind seit dem übernommen worden. Auch heutzutage ist es wohl noch so, das westliche Dinge von einigen als höherwertig angesehen werden, als traditionell japanische Sachen. Es ist zwar nicht ganz so schlimm, wie es klingt. Aber genau wie in einigen anderen Ländern (und da nehme ich Deutschland jetzt mal nicht aus), werden viele fremde Dinge ohne Hinterfragen einfach übernommen und die Leute laufen Gefahr, ihre eigene Identität zu verlieren. In Städten kann man das natürlich eher beobachten als auf dem Land. Besonders in den letzten 10 Jahren hat wohl ein recht starker Wandel vor allem bei den Jugendlichen stattgefunden. Haare färben (vorzugsweise helle Töne, wer hätt's gedacht?) und durchgestylt rumlaufen ist eigentlich unüblich, aber viele junge Leute tun das heutzutage. Dazu kommt genau wie auch bei uns das Problem, das der Wissensstand und die Fähigkeit zum Lernen bei vielen Kindern stark nachgelassen haben. Die Konzentrationsspanne ist extrem kurz (bis hinunter zu 15min......in dem Zusammenhang ist interessant, daß der Abstand zwischen den Werbeblöcken im Fernsehen auch etwa 15min beträgt). Das gilt selbst für Studenten (vor allem niedrige Semester), denen es schwer fällt, mit den 90-minütigen Vorlesungen zurecht zu kommen. Es ist sicherlich nicht sonderlich erstaunlich, daß es in Japan ähnliche Phenomäne gibt, wie bei uns. Es gibt aber 2 wesentliche Besonderheiten. Zum einen würde ich jetzt mal behaupten, daß der kulturelle Unterschied zwischen z.B. Deutschland und Amerika nach dem Krieg viel kleiner war, als zwischen Japan und Amerika. Zum anderen ist auch zu bedenken, daß sich Japan erst vor gar nicht allzu langer Zeit dem (westlichen) Rest der Welt geöffnet hat. Ich wage eine weitere Behauptung wenn ich sage, daß das Land eine rapide Entwicklung durchgemacht hat und so manchem westlichen Land auf einigen Gebieten heute schon überlegen ist. Zusammenfassend muß man feststellen, daß es natürlich nicht gut sein kann, sich für immer gegenüber äußeren Einflüssen zu verschließen. Im Gegenteil, es kann einen voranbringen, sich zu öffnen. Dabei sollte man aber die eigenen Werte und Traditionen nicht ganz vergessen. So ganz scheint das auch hier nicht zu gelingen. Das soll jetzt keine Wertung sein, eher eine Beobachtung von mir.

Den Rest des ersten Wochenendes habe ich mit Lesen zugebracht. Sowohl vom Wohnheim als auch von den Leuten im Labor habe ich ganze Menge Infomaterial bekommen. U.a. ein Buch, "Living in Sendai". Da steht so ziemlich alles drin, was man mal bebrauche kann. Also Addressen und Telefonnummern von Ämtern, Polizei, Krankenhaus, Wasserwerke, E-Werke, Telefongesellschaften, Schulen und öffentlichen Einrichtungen usw. Dazu viele Beschreibungen täglicher Vorgänge (Mülltrennung und Entsorgung bzw. Sondermüll z.B.) oder Anmeldeformalitäten, was bei Umzügen zu beachten ist, Antragsvorgänge für Strom, Wasser usw. - halt alles was man wissen muß, wenn man als Fremder nach Sendai zieht. Da ich in einem Wohnheim untergebracht bin, brauch ich mir um die meisten Sachen keinen Kopf zu machen. Aber informativ war das allemal und halt sehr umfassend. Es zeigt sich wieder einmal, das auch die Stadt selbst sehr gut auf (besonders ausländische) Fremde vorbereitet ist. Zu Beginn der letzten Woche habe ich als erstes mal meine Schlüssel für's Labor und meinen Stempel bekommen. Ich kann also immer (auch am WE) herkommen und was arbeiten oder einfach im Netz stöbern. Das mit dem Stempel hat aber nix mit dem Labor zu tun. In Japan ist es nämlich unüblich, Handschriftlich zu unterschreiben. Jeder Einwohner hat einen offiziell registrierten Stempel, welcher die Kanji (chiniesische Schriftzeichen, eine der 3 Schriftformen, die hier verwendet werden) seines Namens enthält. Das ist ein zylindrisches Plastikteil, etwa halb so lang wie ein Kuli und unten ist das runde Stempelfeld. Entweder sind Vorname, Nachname oder beide zusammen enthalten. Bei ausländischen Namen (wie meinem) ist das ganz lustig. Normalerweise können die nicht direkt in Kanji geschrieben werden. Man benutzt häufig die beiden anderen Schriftweisen (Hiragana und Katagana, das sind Laut-orientierte Schriftzeichen). Man kann jedoch auch Folgen von Kanji finden, die den Namen repräsentieren. Für meinen Vornamen gab es gleich 5 oder 6 mögliche Kombinationen, die zwar alle ähnlich wie Ralf klingen, aber halt eigentlich was ganz anderes heißen:-) Ich habe mich für eine Variante entschieden und die kam auf den Stempel. Den braucht man z.B., wenn man bei einer Bank ein Konto eröffnen will. Die Bank registriert den Stempel und man kann dann Überweisung oder Daueraufträge damit erteilen.

Genau das hab eich dann auch gemacht. Am Dienstag morgen habe ich mich mit der Sekretärin unseres Labors am Bahnhof in Higashi-Sendai getroffen. Sie hat mich zunächst zur Einwanderungsbehörde begleitet. Wie schon erwähnt, muß man sich registrieren lassen, wenn man länger in Japan ist. Mein Zimmernachbar - ein Student aus Frankreich - hat mir erzählt, daß es bei der Behörde nur einen Englisch sprechenden Mitarbeiter gibt. Als er dort war, mußten sie den erst dazuholen;-) Naja, derartige Schwierigkeiten hatte ich aufgrund meiner Begleitung natürlich nicht. Wenn man sich registrieren läßt, bekommt man so eine Art "Personalausweis für Ausländer" ausgestellt, der den Aufenthalt legitimiert. Ein paar Tresen weiter haben wir dann gleich den Antrag für die staatliche Krankenversicherung ausgefüllt. Es gibt hier generell 2 Arten von KV. Berufliche KV und staatliche KV. Jeder Arbeitnehmer muß in eine von beiden eintreten. Als Student sollte man in die staatliche KV eintreten. Generell ist die nicht teuer, aber die Krankenversicherungen übernehmen auch nur 70% der Behandlungskosten. Den Rest muß jeder selbst zahlen. Mit der hiesigen KV vermeidet man zunächst, die schnell sehr groß werdenden Krankenhausrechnungen voll bezahlen zu müssen. 30% muß man immer noch selbst zahlen, aber dafür gibt es ja dann die Auslandskrankenversicherung, die man vor der Reise ebenfalls abschließen sollte. Da die Ausstellung des Personalausweises auch in Japan etwas dauert, habe ich erstmal einen vorläufigen Ausweis in den Reisepaß geklebt bekommen.

Damit und dem Stempel sind wir in die Innenstadt zur Bank gefahren. Ich habe ein Konto bei der "77 Bank" eröffnet. Dabei muß man gleich ein bissel Geld einzahlen. Das Konto wird kostenlos geführt, sofern ein recht geringer Mindestbetrag immer draufbleibt (weiß nicht mehr genau, so in der Größenordnung 1000 Yen, Zinsen gibt es aber keine soweit ich weis.....). Wir sind dann in den 2.Stock der Bank, wo ich meine restlichen Traveller's Cheques eingetauscht habe. Mit dem Bargeld sin dir zu einem Bankautomaten marschiert, mit dem man so ziemlich alles machen kann: Überweisung, Geld einzahlen und abheben, Kontoauszug etc. Diese Dinger findet man nicht nur in Bankfilialen. Die 77-Bank hat z.B. auch so einen Automaten in unserer Mensa stehen. Komisch finde ich dabei nur, daß die Automaten kein Englischen Bedienelemente bieten. Also da es eh ein Touch-Screen ist, wäre es einfach gewesen, eine Englische Version anzubieten......nunja. Meine Begleitung hat mit ihrem Handy ein Photo des Hauptbildschirms gemacht und mir eine Übersetzung geschrieben:-) (Nebenbei bemerkt: ich habe hier fast nur einen Handytyp gesehen....so aufklappbar mit Farbdisplay und mit Kamera. Haben hier fast alle. Ich fand das schon Bemerkenswert, das vor allem viele Besucher des Festivals am Wochenende ihre Handykameras für Erinnerungsphotos verwendet haben.....ist zwar praktisch, aber viel Speicher haben die sicher net und über Qualität reden wir lieber auch nicht.....) Auf den Postämtern hier in der Stadt stehen auch Geldautomaten. Mein Zimmernachbar hat ne Visa-Kreditkarte und ich hatte mir ne Mastercard besorgt. Beide funktionieren leider nicht beim Bezahlen im Geschäft - wieso haben wir noch nicht rausgefunden (wissen die Verkäufer wahrscheinlich selbst nicht). Aber an den Postautomaten kann man damit Geld direkt vom eigenen Konto abheben. Und die haben eine englische Version ihrer Menüs. Ist aber verdammt teuer. Ich warte noch auf den Online-Zugang zur Kreditkartenabrechnung und kann es daher nicht genau sagen. Man sollte diese Möglichkeit also erstmal nur für den Notfall verwenden..... Besser wäre es allemal, wenn die Karten in den Geschäften direkt akzeptiert werden würden. Mal sehen, ob sich der Grund rausfinden läßt..... Zum Schluß haben wir noch den Lastschriftauftrag für die Abbuchung der Wohnheimmiete ausgefüllt und sind zum Labor zurück.

Durch die Unterstützung meiner Gastgeber hier bin ich durch den ganzen formalen Kram recht problemlos durchgekommen. Es sind halt viele Ausländer im Team (und insgesamt an der Uni auch) und daher besteht wohl ein gewisser Erfahrungsschatz. Als Sprache ist eigentlich Englisch im Labor festgelegt (Meetings und Seminare sind in Englisch), es wird aber trotzdem viel in der jeweiligen Landesprache geredet. Die meisten hier beherschen Englisch recht gut. Bei den Japanern an sich ist es etwas komisch. Englisch ist (soweit ich weiß) Pflichtfach an der Schule. Trotzdem kommt man außerhalb der Uni nicht sonderlich weit damit. Da die meisten diese Sprache im täglichen Leben nicht brauchen, denke ich haben viele Probleme damit bzw. vermeiden es lieber, englisch zu reden. Neulich bin ich durch die Stadt gelaufen, da hat mich ein ganz junges Mädel angesprochen. Sie war mit ihrer Mutter wunterwegs und sollte als Englisch-Hausaufgabe Ausländern ein paar Fragen stellen. Ich hab dann mit ihr so einen vorbereiteten Fragebogen ausgefüllt. Nix weltbewegendes, nach dem Motto "Wie heißt du?", "Was ißt du gerne?" etc. Abgesehen davon, daß die Fragen vorbereitet waren, war ich erstaunt über die gute Aussprache der Kleinen. Ich würde sie mal so auf 5. oder 6. Klasse schätzen.

Natürlich habe ich auch vor, mich mit der japanischen Sprache in Laut und Schrift auseinanderzusetzen. Im Vorfeld der Reise war dazu keine Zeit. 7 Monate sind aber viel zu kurz, um vernünftig in die Sprache einzusteigen. Wenigstens die Wendungen des täglichen Lebens und die Grußformeln sollten aber schon drin sein. Ein bissel dumm ist daher, daß die Sprachkurse an der Uni erst im neuen Semester beginnen, also im Oktober. Da sind nochmal 2 Monate verloren. Ich hab deswegen einen Abstecher ins "Sendai International Center" gemacht. Das ist eine Art Anlaufstelle für Ausländer und ein internationaler Tagungsort. Nächste Woche ist dort z.B. eine Tagung, an welcher der Leiter unseres Fachbegiets der TU-Ilmenau (Prof.Thomä) auch teilnehmen wird. Da unsere Gruppe hier für die Organisation mitverantwortlich ist, werde ich an der Tagung als Hilfskraft auch teilnehmen:-) Im Center selbst gibt es viele nützliche Infos für Ausländer. Ich habe dort z.B. einen Stadtplan in Englisch geschenkt bekommen. Es gibt eine kleine Bibliothek, in der man vor allem fremdsprachliche (meist Englisch) Magazine lesen kann, ein paar Bücher, Infomaterial etc. Man kann dort auch ins Internet (ich denke sogar kostenlos). Ich habe neben dem Stadtplan auch Infos zur anderen Sprachkursen mitgenommen, die dort rumlagen. Meist sind das private Schulen, bei denen ein 3-monatiger Kurs (1 mal die Woche) etwa zw. 50 und 65Eur kostet (zzgl. Textbuch). Der früheste Kurs, den ich gefunden habe, beginnt aber auch erst im September.

Ich habe mir daher ein Textbuch gekauft, in dem die Basics des täglichen Umgangs enthalten sind. Es beinhaltet Kanji, Hiragana/Katagana und romanische Schriftversionen der Sätze sowie die jeweilige englische Übersetzung. Ich denke damit komme ich bis Oktober erstmal ganz gut hin. Einziges Problem ist die Tatsache, daß einem ein Buch keine Aussprache beibringen kann. Im Center gibt es aber einen Tresen, an dem eine Menge Zettelchen von einheimischen und Ausländern rumhängen. Darauf wird Sprachaustausch angeboten und gesucht. D.h. man kann sich z.B. mit einem(r) Japaner(in) treffen, um ihm(r) Englisch beizubringen und sich dabei in Japanisch unterrichten zu lassen. Erfahrene Ausländer (die schon lange hier sind) bieten manchmal auch Hilfe an. Eigentlich eine ganz gute Idee, das fördert zudem den Kontakt zwischen Einheimischen und Ausländern. Habe aber im Moment zu wenig Zeit für sowas. Wenn ich mich eingearbeitet habe, werde ich das vielleicht mal versuchen. Neben Sprachaustausch kann man im Center auch Voluntäre erfragen. Das sind Begleiter, welche Japanisch und ausländisch(meist Englisch) sprechen, und einen z.B. auf Ämter oder zur Bank etc. begleiten. Das ganze ist freiwillig und ich denke auch kostenlos (man kann denjenigen aber trotzdem auf einen Kaffee oder so einladen:-)

Neben den sprachlichen Informationen findet man aber auch ein kulturelles Angebot. Es liegen Flyer und Infomaterial zu Events und von Museen rum. Zudem gibt es zwei kleine "Ausstellungen" im Center. Eine befaßt sich mit den Schwesterstädten von Sendai. Das sind Minsk in Rußland, Rennes in Frankreich, Riverside, Acapulco und Dallas in Amerika sowie 4 weitere Städte aus asiatischen Ländern, deren Namen ich aber leider nicht lesen kann. Zu den jeweiligen Städten finden sich in Glaskästen typische Kunst- bzw. Gebrauchsgegenstände. Ich habe davon auch ein paar Photos gemacht, Diese sind in der nächsten Galerie mit drinn. Leider ergaben die Glasscheiben und Beleuchtung zum Teil unschöne Blendeffekte, die ich nicht wegbekommen habe. Eine zweite kleine Ausstellung widmet sich dann passenderweise dem traditionellen Kunsthandwerk aus dem Gebiet von Sendai. Auch diese Vitrine habe ich photographiert. Dazu gab es an der Wand auch eine Erklärung zum Hintergrund und Bedeutung des jeweiligen Gegenstandes. Davon hab ich zwar auch Photos, diese sind aber nur in voller Größe (jeweils über 1 MByte) sinnvoll lesbar und daher stelle ich sie auch nicht online. Und zum Abschreiben der Texte bin ich zu faul;-) Ich bring die Bilder ja mit nach hause..... Das Sendai International Center ist für Besucher der Stadt also sehr zu empfehlen.

Haupteingang Sendai International Center Ausstellung Schwesterstädte Weltkarte mit den Schwesterstädten
Ausstellung typischer Gegenstände der Schwesterstädte (1) Ausstellung typischer Gegenstände der Schwesterstädte (2) Kunsthandwerk in Sendai (1)
Kunsthandwerk in Sendai (2) Kunsthandwerk in Sendai (3) Kunsthandwerk in Sendai (4)

Galerie: Sendai International Center


Soviel erstmal zu den bisherigen Geschehnissen und Eindrücken. Ich fühle mich bsi jetzt ziemlich wohl hier. Mal sehen, ob das auch so bleibt. Ich denke schon, auch wenn ich viel zu tun haben werde in den nächste Woche. Etwas wichtiges fehlt aber noch in diesem Bericht. Natürlich hab eich auch ein Photos von den Leuten hier im Labor gemacht. Ist ja fast das wichtigste, mal die Menschen zu sehen, mit denen ich hier unmittelbar zu tun habe. Am letzten Donnerstag haben sie ein "Willkommen-Barbecue" für mich veranstaltet. Bei der Gelegenheit hab ich ein Gruppenphoto machen können. Sind leider nicht alle drauf. Der Photograph und 6 weitere Leute fehlen, inkl. der 3 Damen, welche zum Team gehören und an dem Abend allesamt durch Abwesenheit glänzten:-) Ich habe neben dem Gruppenphoto auch noch 2 Bilder vom Grill mit in die Galerie gepackt, denn das Barbecue läuft hier ein bissi anders, als wir das bei uns gewohnt sind. Zunächst mal eine Anektode am Rande: neben dem Essen gab es natürlich auch was zu trinken. Da war auch ein kleines Tischfaß mit Bier dabei. Jedre der mich kennt weiß ja, daß ich kein Biertrinker bin.... Die Leute waren ziemlich überrascht, als ich gesagt habe, daß ich eigentlich kein Bier mag. Wir Deutschen haben also einen eindeutigen Ruf;-) Ich hab es dann troztdem mal probiert. Hat so ähnlich wie das Bier geschmeckt, was bei meiner Oma im Ort gebraut wird (Dingslebener, für die, denen das was sagt). Also zurück zum Grillen.

Die Studenten waren einkaufen. Aben im Gegensatz zu unseren Gepflogenheiten kamen sie nicht mit einem Satz Würste oder Steaks an, sondern vielmehr mit einer ganzen Batterie unterschiedlichster Sachen. Alles recht klein geschnitten, aber insgesamt schon recht viel. Da hatten wir also: eine Ladung großer Zwiebeln, einige kleine Zuchini, ne Packung Lachs, eine ganze Menge kleiner Pilz (glaube Steimpilze), eine Packung "Wiener" (Durchmesser kleiner 1cm, Länge 4cm;-), kleine Schweinefleischspieße (ungewürzt), einige Hähnchenschenkel und eine ganze Menge von in dünne Scheiben geschnittenem Schweinebauch. Das ganze lief dann in etwa so. Mit Holz und ein bissel Holzkohle wurde angefeuert und dann wurde ja nach Lust und Laune irgendwelche Dinge aus obiger Auswahl auf dem Grill verteilt. Wenn eine Stelle leer war, hat irgendwer was neues drauf getan. Gegrillt wird natürlich mit Eßstäbchen und nicht mit ner Zange oder so! Jeder der Hunger hatte nahm sich mit seinen Stäbchen was fertiges vom Grill und so war es die ganze Zeit ein Kommen und Gehen auf dem Rost. War alles verdammt lecker kann ich euch sagen. Da fast alles vorher ungewürzt war ist man ab und zu mal großzügig mit ner Gewürzmischung über die ganzen Sachen drüber und hat somit noch etwas mehr Geschmack in die Geschichte gebracht. Muß man mal live mitmachen. Ist ein irre Spaß und es schmeckt wie gesagt auch sehr gut. Da die Sachen alle so klein sind, kann man das ganze sehr lange betreiben, ohne sich vollzustopfen. Zwischendrin haben wir uns dann auf ein Vordach unseres Gebäudes verzogen, um dem zum Festival gehörenden Feuerwerk zuzusehen. Das war der Auftakt des 4 Tage dauernden "Tanabata-Festivals", zu dem es in den nächsten Wochen einen gesonderten Bericht geben wird. Danach sind wir zum Grill zurück und haben noch bis etwa 23 Uhr gequatscht und gegessen. Damit ihr nicht denkt, das ich hier nur durch die Stadt laufe und Grillfeste feiere, habe ich noch ein paar Bilder von unseren Messung am Freitag mit in die Galerie gepackt. Wir haben da Radaruntersuchungen an einem Steilufer durchgeführt, welches zu einem Fluß mitten in der Stadt gehört. War ziemlich anstrengend, weil wir immer den Wagen mit den Meßgeräten hinter der Positioniereinrichtung herschieben mußten. Und das 6h lang bei doch recht hohen Temperaturen und meist mitten in der Sonne. 50m weiter am Ufer haben ein paar Leute gebaded....das Leben ist halt manchmal ein bissel fieß;-) So, hier erstmal die letzte Galerie zu diesem Bericht:

Unser Laborteam auf der Grillparty Barbecue auf Japanisch zum Ersten Barbecue auf Japanisch zum Zweiten
Untersuchungsobjekt: Steilufer Beim Aufbau der Meßvorrichtung Fertige Meßvorrichtung

Galerie: Grillparty und Radarmessungen


Puh, ist ein ziemlich langer Bericht geworden. Wer bis hierher durchgehalten hat: Gratulation *gg* Ich hoffe es war euch nicht langweilig und ihr habt einen Eindruck gewonnen, was hier so los ist. Wie bereits öfters angedeutet, werde ich in den nächsten Wochen Berichte zum Tanabata-Festival und zum Thema Einkaufen schreiben. Wenn alles klappt, sind die Ende August/Anfang September fertig. Zudem kann ich euch vielleicht mal ein paar Leute aus dem Wohnheim vorstellen. Bis dahin wünsch ich euch einen schönen Sommer und viel Erfolg bei allem was ihr macht. Laßt was von euch hören!

LG Ralf (email-Kontakt)

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